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„Meist ist ja eine Inanspruchnahme einer Firma dieser Branche mit einem schmerzlichen Erlebnis oder zumindest
mit einem erheblichen finanziellen Verlust verbunden, sodass sich bisher niemand gefunden hat, diesen 'Star' unter seinesgleichen lobend zu bewerten. So ging es auch mir zunächst doch ich bin über den Verlust meines Autos hinweg, die Knochen sind wieder an Ort und Stelle, alle Rechnungen sind bezahlt, der schwere Unfall ist Geschichte. Geblieben ist eine angenehme Erinnerung an einen Bergungsdienst dem ich hiermit das ihm zustehende Zeugnis ausstellen will:
Als Wichtigstes ist wohl festzustellen, dass kitzlige Aufträge wie in meinem Fall vom Chef höchstpersönlich erledigt werden und dass er 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche rufbereit ist. Was macht die Region Leutkirch und Umgebung, wenn der Mann und sein Telefondienst in Gestalt seiner Frau mal krank sind oder Urlaub in Teneriffa machen?
Am 28.02.2014 um 8 Uhr abends auf der Heimfahrt vom letzten Arbeitstag dieses meines irdischen Daseins hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, bei 80 km/h auf einer kurvenreichen, schlechten und engen Landstraße am Steuer ohne Vorwarnung das Bewusstsein zu verlieren. Noch während des instinktiven Bremsens dachte ich an den Gegenverkehr, den es zu schonen galt, also riss ich, bereits blind, das Steuer nach rechts, spürte noch das Passieren des Banketts und dann ging das Lichtlein endgültig aus. Vor den Augen des Letzten der entgegenkommenden Kolonne lief der Horrorfilm aus nächster Nähe ab sodass er später, bei Eintreffen der Polizei einen ausgezeichneten Zeugen abgab.
Da die Straße auf einem Damm angelegt war startete ich zu einem Freiflug und landete nach etwa 6 bis 7 Meter frontal in der Krone eines tieferstehenden alten Obstbaumes und blieb dort hängen. Das junge Paar hielt sofort an und lief über das Feld zur Aufschlagstelle um mich aus dem Wrack zu pflücken. Aber ich hatte Glück, Gurtretarder und Airbag waren Massage genug, um mein vorübergehend stehendes Herz wieder in Betrieb zu setzen, als die beiden bei mir angelangt waren, hatte ich schon das Seitenfenster geöffnet und war dabei, mich 'durchzuwurschteln'. Sie halfen mir hinunter auf die Wiese und obwohl ich noch etwas wackelig auf den Füßen war, handyphonierte ich selbst nach der Polizei.
Die beiden waren aber auch zu nett: Sie bestanden darauf, bei mir zu bleiben, nahmen ihr gerade eingekauftes Abendessen auf der Ladefläche ihres Kombi ein und teilten es mit mir, damit ich nicht doch noch umkippe, ein absolut beispielhaftes Verhalten. Das Mädchen gestand mir allerdings, dass sie beide voller Furcht zur Aufschlagstelle liefen, nun eine blutige leblose Masse bergen und reanimieren zu müssen.
Apropos Knochen: Der Gurtretarder, der mein Herz wieder zum Schlagen brachte, riss bei dieser Gelegenheit das Brustbein entzwei und bog die Bruchkanten nach innen auf das schlagende Herz zu. Das behinderte mich zunächst nicht weiter, mir tropfte das Adrenalin von den Haarspitzen, ich funktionierte klaglos. Der POK, der dann erschien um den recht spektakulären Unfall aufzunehmen, riet mir allerdings dringend, sobald wie möglich einen Unfallchirurgen aufzusuchen, meine graue Gesichtsfarbe gefiele ihm gar nicht. Nun, ich musste ihm Recht geben, die Schmerzen in der Brust waren unüberspürbar und einatmen konnte ich auch nicht richtig. Aber um die Formalitäten zu erledigen reichte es noch. Endlich durfte ich mal blasen, 65 Jahre alt musste ich dafür werden :-D Anzeige des Gerätes 0,00 Promille, wie auch anders nicht zu erwarten war, siehe mein Profil. Aber der Mann eröffnete mir, dass Alkohol nicht das einzige Kriterium für einen sofortigen Führerscheinentzug sei, auch Übermüdung gehört dazu. Allerdings könne er mir eine solche nicht ansehen, wie auch, das Adrenalin.
Er ermahnte mich kostenpflichtig zu 35 € wegen Verlassens der ausgewiesenen und unübersehbaren Fahrbahn und Beschädigung fremden Eigentums. Der Besitzer des Baumes war auch inzwischen vor Ort, er hatte das Krachen und Splittern im Kuhstall gehört und war neugierig hinausgelaufen. Er erklärte, dass wir, er und ich das schon in die Reihe kriegen würden, allzu viel sei ja nicht kaputtgegangen. Zumindest nicht am Baum, aber das arme Auto
Mittlerweile war meine von mir benachrichtigte Gutste eingetroffen, der POK und das junge Paar konnten mich in deren 'Obhut' übergeben, was für mich fast das Schlimmst an diesem Desaster war.
Zunächst musste das Wrack verschwinden und ich wusste genau, wen ich mit der Bergung beauftragen würde denn die Fa. Hans Müller war mir bereits wohl bekannt. Aber es war mittlerweile 22 Uhr geworden und ich war mir nicht sicher, ob Herr Müller nicht auch irgendwann Feierabend machen wollte. Mitnichten, er war interessiert, aber in erster Linie, weil DIESE Bergung für ihn eine Herausforderung darstellte. Eine Viertelstunde später kam er an, und zwar mit einem Spezialfahrzeug, nämlich einem, das mittels eines Auslegers maximal 2 Tonnen 10 Meter weit am Seil hängend auf die Fahrbahn holen konnte um die Last dann auf die ganz normale Bergungsrampe zu zerren. Er musste allerdings dazu die Straße sperren, denn auf der Böschungsseite war der Untergrund zu nachgiebig für eine Querlast von 1,2 Tonnen, also benachrichtigte er die Polizei von einer vorübergehenden Straßensperre und ging ans Werk.
Mir sind die ehernen Gesetze des Archimedes berufsbedingt zwangsläufig allgegenwärtig, aber beim Zuschauen kriegte ich immer mehr das Gefühl, dieser schlicht gestrickte Mann kennt noch ein paar von denen ich noch nie gehört habe. Er pflückte das, was einmal ein Corsa war wie einen riesigen blauen Apfel aus dem Baum, die ausgefahrenen Stelzen versanken 2 cm im Billigasphalt, nach einer Viertelstunde wirklich gekonnten Jonglierens mit seiner umfangreichen Hebelbatterie nahm der Schrotthaufen auf der Bergungsrampe Platz. Herr Müller freute sich an meiner staunenden Anerkennung, wir verabredeten uns zur Erledigung der Formalitäten auf den ersten Tag meiner Rekonvaleszenz, auch er hatte bemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmt, und er verließ uns.
Schon am nächsten Tag rief ich seine Frau = geschäftsführende Sekretärin (mit DECT-Telefon in der Kittelschürze am Herd, Tatsache!! :-D ) an und wollte einen Termin vereinbaren. Sie fiel aus allen Wolken, wähnte sie mich doch im Krankenhaus in Wangen. Aber das Zauberwort hieß Dr. Immler, ein begnadeter Unfallchirurg von weitreichendem Ruf schob Nachtdienst, drehte mich durch den Papierwolf, ließ mir eine Dosis Röntgeneinheiten verpassen und dann standen wir zusammen an der Leuchtwand und er zeigte mir Unkundigem wie es in mir drin aussieht. Ups, gerade mal 2 Millimeter zwischen der gezackten Bruchkante und dem Herzbeutel, also MIR kam das recht wenig vor und ich sah mich schon unter Dr. Immlers Messer. Aber er grinste und meinte, wenn ich in den 3 Stunden seit dem Unfall nicht umgekippt bin, sieht er die Lage als stabil an. Eine Operation am offenen Brustkorb ist nichts zum Lachen, kommt schon vor, dass es danebengeht. Und mit der getackerten Narbe sehe ich dann aus wie ein Cyborg. Er würde auf was anderes setzen. Sagt’s und verschwindet kurz, als er wiederkommt drückt er mir ein Kinderspielzeug in die Hand, buntes Plastik, sah aus wie eine Kindertrompete mit Ventilen aber ohne Schalltrichter. Ich beiße ins Mundstück, die Ventilklappen fallen in die Zylinder, ich puste, die Knöpfe fahren pflichtschuldigst aus den Zylindern, Ende der Fahnenstange, nix mehr pusten. Das sei schon mal sehr brav gewesen, aber jetzt das Ganze bitte genau andersrum: Knöpfe nach unten und kräftig ziehen, dann stimmt die Therapie. Und schön fleißig üben, das macht kräftige Brustmuskeln und die ziehen den Scherben wieder nach oben. Er hatte Recht, drum springe ich noch rum.
Am nächsten Morgen hatte ich einen fröhlichen Mezzosopran am Telefon, den ich wenig später persönlich kennenlernte. Frau Müller ist mehrfache Oma, macht sich aber nichts draus, ich habe noch nicht viele Frauen ihrer Altersgruppe kennengelernt, die so quicklebendig und dynamisch ihren vielfältigen Pflichten nachgehen und dabei so fast jugendlich aussehen. Ihr Göttergatte war gerade mal wieder auf der A96 bergen und was er dann huckepack anbrachte hat mich spontan fragen lassen, wie es dem Fahrer geht. So ähnlich wie mir, Glück im Unglück, ein Hoch auf moderne Knautschzonen und Sicherheitssysteme. Wir wurden handelseinig, er kaufte den Corsa weil der Motor unbeschädigt war und einwandfrei lief für den Wert der Bergungskosten in Höhe von etwa 250 €. Ich war zufrieden, er auch und Frau Müller schrieb ein Mauschelvoucherl, eine fingierte Rechnung zur Vorlage bei der Versicherung. Der Schutzbrief versicherte ja die Bergung.
Alles in allem, klopf auf Holz, sollte ich wieder mal einen Bergungsunternehmer brauchen, käme nur die Firma ‚Abschleppdienst Hans Müller‘ in Lanzenhofen bei Leutkirch in Frage. Er beziehungsweise sein Fuhrpark ist sehr vielseitig, zumindest was Krane aller Art auf Selbstfahrlafetten betrifft, die kann man gegen Vorlage des passenden Führerscheines auch mieten.
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